„Ich gegen Osborne“ von Joey Goebel

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„Er ist ein Unikat in einer Welt, in der sich jeder durch Originalität abheben will. Er ist als Einziger erwachsen in einer Welt mit kindischen Spielregeln. Und der Einzige, der sich noch nach etwas sehnt und auch dafür kämpft: der Schüler James Weinbach. ›Ich gegen Osborne‹ – der neue Roman von Joey Goebel, mit dem er der amerikanischen Partygesellschaft den Stecker zieht!“

Genervt von meiner Leseflaute, die sich über mehrere Wochen eingespielt hatte, trat ich eines Nachmittags spontan an mein Bücherregal, warf einen kurzen Blick auf die ungelesenen Titel und zog wenig später Ich gegen Osborne heraus. Es musste ein Buch her, das mir mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit gefallen würde – und wer eignet sich besser, mich aus der Leseflaute herauszuholen, als Joey Goebel, der mit Vincent eins meiner liebsten Bücher aller Zeit geschrieben hat? Und ja: In dieses Buch einzutauchen fühlte sich an, wie nach Hause kommen. Der zynische Schreibstil aus der Perspektive eines Außenseiters ist so treffend, dass ich sofort in der Geschichte drin war. Ähnlich wie der Protagonist James, habe ich den Großteil meiner Schulzeit nicht genossen. Der Grund, warum ich in Büchern trotzdem gerne darüber lese, ist dass ich mir gerne ins Bewusstsein rufe, wie froh ich bin, nicht mehr dort zu sein. So auch hier.

Die Darstellung der Schule in diesen Roman gleicht einer Karikatur. Sie ist in James‘ Augen überfüllt mit sexbesessenen, pubertierenden und oberflächlichen Dummköpfen, die vom richtigen Leben keine Ahnung haben. Es war spannend, sich in James‘ zynische Gedankenwelt zu begeben und seinen Alltag mit seinen teils widersprüchlichen Empfindungen kennenzulernen. Wie immer steckt auch bei diesem Protagonisten mehr dahinter, als sich auf den ersten Blick oberflächlich beurteilen lässt. Joey Goebel ist einmalig darin, die feinen Nuancen von Außenseitertum und unnahbarer Einsamkeit einzufangen. Sein Schreibstil ist dabei treffsicher brillant und mir gefiel die Struktur, die Kapitel des Romans in Schulstunden zu unterteilen.

Wenngleich mich Bücher oft abholen, die komplexe und unzuverlässige Erzähler:innen wie James ins Zentrum des Geschehens stellen, musste ich bei Ich gegen Osborne hin und wieder innehalten. Zwischendurch habe ich sogar noch ein anderes Buch gelesen, da mich die Schwere der Geschichte rund um James‘ abenteuerlichen Schulalltag irgendwann doch ein bisschen bedrückte. Außerdem kam ich aufgrund der sehr langen Kapitel nur langsam voran.

Ich gegen Osborne hat mich zwar nicht enttäuscht, doch es hat mir insgesamt auch nicht so gut gefallen wie Goebels Kurzgeschichtenband Irgendwann wird es gut, und erst recht nicht wie sein Meisterwerk Vincent. Nichtsdestotrotz freue ich mich wahnsinnig auf alles, was von diesem Autoren hoffentlich noch kommt.

Joey Goebel: Ich gegen Osborne. Diogenes Verlag. ISBN: 978-3-257-06853-5. 432 Seiten. 22,90€.

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