„Sommerkinder“ von Lilian Kaufmann

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„Als die dreiundzwanzigjährige Studentin Emily in Bangkok landet, ist es ihre erste große Reise. Doch sie ist nicht lange alleine: In ihrem Hostel trifft sie auf Annika und Julius. Sie alle sind auf der Suche – nach einem vermissten Freund, Ablenkung oder sich selbst – und freunden sich schnell an. Doch die Harmonie zwischen den neuen Freunden gerät ins Wanken, als sie Yan, einen faszinierenden Globetrotter, kennenlernen. Yan scheint auf alles eine Antwort zu haben und verbirgt ein Geheimnis, das auf keinen Fall offenbart werden darf. Einige Tage später verschwindet er spurlos. Zumindest scheint es so: Denn niemand ahnt, dass Yan einen ganz bestimmten Plan verfolgt. Und dass Emily, Julius und Annika sich keinesfalls zufällig kennengelernt haben …“

Beim Lesen von Lilian Kaufmanns „Sommerkinder“ hatte ich eine interessante Erkenntnis: Ich lese selten Bücher, die Figuren in den Mittelpunkt stellen, die mir in meiner aktuellen Lebensphase ähnlich sind. Das war früher anders – als Kind und Jugendliche habe ich es geliebt, über Freundinnen-Cliquen zu lesen, kleine Liebesgeschichten, in die ich mich nur zu gerne hineinversetzte, Mädchen im Internat, die gemeinsam jede Menge Blödsinn anstellen. Ich bin älter geworden und nun sind in meinem Leben andere Themen relevant, allen voran mein Studium und die existenzielle Frage, in welche Richtung ich im Leben gehen möchte. Letztes Jahr waren mein Freund und ich Backpacken in Thailand, ein Urlaub, der uns als privilegierten Europäer*innen ohne Weiteres möglich war.

Mein Lesegeschmack umfasst heutzutage jedoch kaum Bücher, die diese Art von Realität abbilden. Wenn ich auf den Stapel meiner zuletzt gelesenen Bücher schaue, sehe ich dort unter anderem: schwarze Frauen in Großbritannien, Geschichten einer Fußpflegerin in Marzahn, einen Dieb in Japan, ein Memoir über eine toxische Beziehung zwischen zwei Frauen oder einen Gerichtsroman über autistische Kinder und eine südkoreanische Einwandererfamilie in den USA. Als ich „Sommerkinder“ begann, war es in gewisser Hinsicht beinahe, als würde mir ein Spiegel vorgehalten werden. Im ersten Moment ein wenig befremdlich, über eine Gruppe weißer, privilegierter Student*innen zu lesen, aber dann ließ ich mich darauf ein, konnte meine Vorurteile beiseitelegen und hatte großen Spaß mit diesem Roman.

Zunächst hat mich das Buch sehr stark an meine eigene Thailand-Reise zurückversetzt, was mir sofort sympathisch war. Doch auch, wer noch nie dort war, wird schnell in diese exotische Welt entführt und kann sich sehr bildhaft vorstellen, wie es dort zugeht. Im Vordergrund steht eindeutig die Spannung, da sich durch die gesamte Geschichte ein Rätsel zieht, dessen Auflösung ich unbedingt wissen wollte. In „Sommerkinder“ ist keine Seite zu viel, kein Moment ließ ansatzweise Langeweile aufkommen. Zum Spaß beigetragen haben der Schreibstil und die kurzen Kapitel, die sehr zugänglich sind und dazu führten, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und jedem Moment, weiterlesen zu können, entgegenfieberte.

Das Ende des Romans hat mich wiederum ein wenig enttäuscht, da ich die Auflösung des Rätsels unrealistisch und zu leicht gelöst fand und das Ende dafür sehr abrupt. Es hätte mich interessiert, noch mehr darüber zu erfahren, wie es den Charakteren nach dem Abenteuer ging, welche Auswirkungen die Erlebnisse auf sie hatten – doch das hätte den Rahmen womöglich gesprengt. Allgemein lag in „Sommerkinder“ der Fokus stark auf dem Plot und der thrillerartigen Spannung, wodurch eine gewisse Tiefe recht kurz kam. Doch insgesamt bin ich durch dieses Buch durchgerast, habe mich jedes Mal aufs Weiterlesen gefreut und es sehr genossen, mich von der Geschichte mitreißen zu lassen. Gerade in Zeiten, in denen wir uns ablenken lassen möchten, ist „Sommerkinder“ ein Buch, das großartig unterhält. Ich freue mich schon sehr auf Weiteres von Lilian Kaufmann!

Die Autorin hat mir netterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung zu dem Buch beeinflusst das natürlich nicht.

Lilian Kaufmann: Sommerkinder. Digital Publishers. ISBN: 978-396-087-7301. 345 Seiten. 4,99€.

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