„Rattatatam, mein Herz“ von Franziska Seyboldt

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„Die Angst hat sich schon früh eingeschlichen in Franziska Seyboldts Leben. Und sie ist weit über das hinausgegangen, was man allgemein unter »ängstlich« versteht. Angst davor, mit der U-Bahn zu fahren, zum Arzt zu gehen, in beruflichen Situationen zu versagen, kurz: generalisierte Angststörung. Panikattacken. Millionen von Menschen kämpfen sich mit dieser Erkrankung und der daraus resultierenden Angst vor der Angst durchs Leben und sind wahre Meister im Ausredenerfinden geworden, notgedrungen. Warum spricht niemand darüber? Warum ist die Angststörung nicht so »normal« wie Depressionen oder Burn-out? Diese Fragen stehen am Anfang von Franziska Seyboldts poetischem und mutigen Buch, das ihren Weg durch die Angst beschreibt. Sie ist nie eingeladen, diese Angst, und doch immer dabei. Indem sie unter ihrem Klarnamen schreibt, befreit sich Franziska Seyboldt aus dem Zwang nicht aufzufliegen, keine Schwäche zu zeigen: »Ist man schwach, wenn man Schwäche zeigt, oder holt man sich gerade so die Kontrolle zurück?«, fragt sie.“

Durch dieses Buch bin ich durchgerast. Und das war vielleicht gar nicht so gut. Rattatatam, mein Herz ist ein Buch, das thematisch mein Interesse stark geweckt hat. Ich selbst habe zwar keine diagnostizierte Angststörung, kenne Angst in bestimmten Situationen jedoch sehr, sehr gut. Dieses Phänomen, das einen schnell allein fühlen lässt und gesellschaftlich so wenig thematisiert wird (obwohl jede:r sechste Deutsche darunter leidet!), wollte ich genauer verstehen. Ich wollte den Erfahrungsbericht einer Person lesen, für die Angst ein täglicher Begleiter ist. Ich finde es unglaublich mutig von Franziska Seyboldt, für dieses Buch kein Pseudonym verwendet zu haben, und bin ihr dankbar, dass sie damit ein wichtiges Statement zur Enttabuisierung von Angststörungen setzt.

In Rattatatam, mein Herz habe ich mich wiedererkannt, mich verstanden gefühlt. Anderes wiederum hat mich für die Gedanken sensibilisiert, die Betroffene haben können, ohne dass mir immer bewusst ist, dass ein und dieselbe Situation ganz unterschiedliche Gefühle auslösen kann. Ich mochte Franziska Seyboldts anschaulichen und zugänglichen Schreibstil, wenngleich mir die Personifizierung der Angst ehrlicherweise manchmal etwas zu verspielt war.

Etwas schade fand ich, dass dieses Buch wirklich ausschließlich ein Erfahrungsbericht ist. Irgendwie hätten nach der Lektüre konkrete Handlungsanweisungen gutgetan und Methoden, um mit einer Angstsituation umzugehen. Doch dafür hätte ich mich vielleicht einem anderen Buch zuwenden sollen. Letztendlich fand ich das Memoir interessant und kurzweilig. Doch so viel wie erhofft ist leider nicht hängen geblieben.

Franziska Seyboldt: Rattatatam, mein Herz. Kiepenhauer & Witsch Verlag. ISBN: 978-3-462-05047-9. 256 Seiten. 18,00€.

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