„Fang den Hasen“ von Lana Bastašić

Veröffentlicht in: Lesen und Gelesen, Rezensionen | 0

„Als junge Mädchen waren sie unzertrennlich, obwohl sie gegensätzlicher nicht sein könnten: Lejla, die Schamlose, Unbändige. Sara, die besonnene Tochter des Polizeichefs. Eine zwiespältige Nähe aus Befremden und Anziehung. Eine außergewöhnliche Freundschaft, die plötzlich zerfiel wie das Land, in dem sie aufwuchsen. 12 Jahre ist es her, als Sara Bosnien verließ, um an einem besseren Ort ein neues Leben zu beginnen. 12 Jahre absoluter Funkstille, als ein Anruf sie in die verlorene Heimat zurückbringt. Die Rückkehr wird kein harmloses Wiedersehen zweier Kindheitsfreundinnen.“

Autorin Lana Bastašić gilt als literarischer „Shootingstar aus Bosnien“, wird mit Elena Ferrante verglichen und gewann den Literaturpreis der Europäischen Union 2020. Ihr Debütroman Fang den Hasen hätte mich eigentlich weder anhand des Klappentextes noch anhand des Covers angesprochen. Doch die vielen positiven Stimmen machten mich neugierig und schließlich wollte ich mir selbst eine Meinung bilden.

Zunächst einmal lese ich sehr gerne über komplexe, zwischenmenschliche Beziehungen und ihre psychologischen Hintergründe. Auch ich hatte in meinem Leben Freundschaften, die eigentlich niemandem gutgetan haben, die aber aus irgendeinem Grund einen Sog hatten, dem es nicht leicht zu entkommen war. Die Dynamik der beiden Protagonistinnen, Sara und Lejla, ist vielschichtig und von Anfang an zerstörerisch. Es ist spannend, warum manche Menschen zueinanderfinden und welche Seiten sie ineinander hervorbringen. Doch wenngleich diese Freundschaft in ihrer Komplexität sehr interessant ist, war es mir irgendwann zu viel. Im Laufe des Romans frustrierten mich viele Situationen nur noch und die Tatsache, dass sich das meiste im Auto abspielte, empfand ich als enorm einengend.

Generell (und das geht absolut auf meine eigene Kappe, da ich mir diesen Roman ausgewählt habe) bin ich kein Fan von Road Novels. Das Setting, das zwei Menschen gemeinsam über einen längeren Zeitraum hinweg in einem Auto unterwegs sind, finde ich ehrlicherweise gar nicht reizvoll. In Fang den Hasen gibt es zwar auch viele Rückblicke zu Sara und Lejlas Kindheit und Jugend, doch diese zogen die lange Fahrt für mich eher in die Länge. Ich hatte hohe Hoffnungen an das Ende der Geschichte. Diese wurden jedoch leider nicht erfüllt und ich ärgerte mich ein bisschen, dafür so lange drangeblieben zu sein.

Eins muss ich dem Buch lassen: Der Schreibstil ist gut. Lana Bastašić schreibt schöne, bildhafte und kluge Sätze. Darüber hinaus steht das (wortwörtliche) Zurückreisen in die eigene Vergangenheit im Fokus, Fragen nach Identität und Zugehörigkeit. Spannende Themen! Ich freue mich, mit diesem Buch meine Horizonte erweitert und einen bosnischen Roman gelesen zu haben, auch wenn mich die Umsetzung nicht ganz so überzeugen konnte. Nichtsdestotrotz verstehe ich den Reiz an diesem Buch und würde es (eingeschränkt) weiterempfehlen.


Der S. Fischer Verlag hat mir netterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung zu dem Buch beeinflusst das natürlich nicht.

Lana Bastašić: Fang den Hasen. S. Fischer Verlag. ISBN: 978-3-10-397032-6. 336 Seiten. 22,00€. Aus dem Bosnischen von Rebekka Zeinzinger.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert